Tantra ist von seinem Ursprung her ein spiritueller Pfad, der sich innerhalb der indischen Religionen des Hinduismus und Buddhismus entwickelt hat.
Sanskrit: Tan = ausbreiten / ausweiten; Tra = trayat = befreien
Also: Befreiung durch Ausdehnung, oder Erweiterung. Tantra ist also ein Instrument zur Erweiterung des Bewusstseins, des Bewusst-Seins.
Die Ursprünge des Tantra gehen zurück bis ins in das 2. Jahrhundert nach Chr. Seine Blütezeit hatte es ca. im 7. / 8. Jahrhundert, als es sich in Indien rasch ausbreitete.

Ziel der Tantriker ist es, Eins zu werden mit dem Absoluten (Relatives / Absolutes) und die höchste Wirklichkeit zu erkennen. Das tun sie mittels Handlungen, welche die innerpsychischen Zustände spiegeln sollen. Dazu gehören die Arbeit mit:

  • Geometrischen Symbolen wie Mandalas (geometrisches Schaubild) und Yantra (rituelle Diagramme) als Ausdruck des Makro- und Mikrokosmos
  • Mantras (Gesang) und Mudras (Handstellungen)
  • Dem System feinstofflicher Energiezentren (Chakras) und -kanäle (Nadis), auf denen die yogischen und meditativen Praktiken basieren, wie z. B. das körperliche Kundalini-Yoga, die Visualisation von Gottheiten oder die sexuelle Vereinigung
  • Dem Einfliessenlassen magischer Vorstellungen

Am Ende des Weges steht die völlige Entfaltung des menschlichen Potentials – auch Erleuchtung oder Befreiung genannt.
Man ist im Hier und Jetzt. Also ganz anders als bei den meisten Religionen bei denen während des irdischen Daseins auf das Leben nach dem Tod hingearbeitet wird. Tantra ist weder Religion noch eine Liebestechnik. Und es gibt niemanden, der die Deutungshoheit beanspruchen könnte.

Tantra und Sexualität

Für Tantriker ist der Sexualakt heilig, er wiederholt den Schöpfungsakt, ist eine Begegnung von Shiva (das männliche Prinzip) und Shakti (das weibliche Prinzip). Darin unterscheidet sich Tantra von Erotismus des Kama Sutra, mit dem es in der westlichen Welt oft verwechselt wird.

Das tantrische Erleben der Sexualität strebt danach, die sexuelle Erregung über den Genitalbereich hinaus in den ganzen Körper und alle Sinne auszudehnen. Die tantrische Ekstase strebt nach Intensität und Dauer und neigt dazu, sich auszudehnen. Der Orgasmus ist oft eine explosive Entladung sexueller Energie. Der Tantriker transformiert ihn mittels Atemtechnik in eine andere Erlebnisform, wo er in einen ganzkörperlichen Talorgasmus münden kann. (Osho: Talorgasmus: Erregung bei ruhigem, entspanntem Atmen mit langanhaltendem Zustand hoher Ekstase. Gipfelorgasmus: Steiler Anstieg der Erregung und rascher Abfall).

Sexualität wird im Tantra als Mittel zur Bewusstseinserweiterung genutzt. Zentrale Merkmale sexueller tantrischer Praxis sind: lange Vereinigungen, Energiekanalisierung, Zurückhaltung der Ejakulation und alternative Formen des Orgasmus.

Insgesamt wird Sexualität im Tantra als Mittel zum magischen Wirken angesehen. Tantra sagt wenig über Partnerschaft, Liebe und Beziehung aus. Es geht weniger darum, mit wem man Sex hat, als vielmehr, wie man Sex hat. Es wird die Auflösung der „ich-Grenze“ durch orgastisches Erleben, Einheit von Glückseligkeit und Leerheit angestrebt.